P 10 Elberfeld 2814 von WYKO

  • Liebe SchienenDampf-Freunde,


    im folgenden Beitrag möchte ich euch nicht einfach nur vom Zusammenbau meiner Echtdampflok berichten, sondern auch aufzeigen, welche Fragen sich mir bei der Auswahl eines Bausatzes stellten und welche Faktoren letztendlich dazu beigetragen haben, mich auf dieses Abenteuer einzulassen. Viele von euch werden vor ähnlichen Fragen gestanden haben und sicher auch vergleichbare Erfahrung gemacht haben, aber dem einen oder anderen noch Unentschlossenen könnte der folgende Bericht vielleicht bei seiner Entscheidungsfindung helfen...


    Um die Jahrtausendwende hatte Märklin nach langer Zeit wieder einmal eine Echtdampflok (BR 89) im Programm und fünf Jahre später folgte die BR 18.4 der DB, über die im Forum hier schon oft berichtet wurde.


    2005 erwarb ich eine dieser Lokomotiven, die aber wg. Zeitmangels ganz schnell ihren Weg in die Tiefen des Kellers fand...


    Knapp ein Jahrzehnt später erfolgte dann aber das erste Anheizen, und die Lok versieht seither ohne größere Probleme ihren Dienst. Die im Forum diskutierten Probleme (undichtes Dampfumsteuerungsventil hinter der Rauchkammertür, nur mangelhaft funktionierende Piezo-Zündung), kann ich nicht bestätigen (kommt vielleicht noch), Schwierigkeiten hatte ich aber mit dem Füllventil (klemmte beim Füllen, blieb nach dem Füllen auch teilweise offen) und der Wasserstand ließ sich im Schauglas nicht immer korrekt ablesen (Luftblasen).


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    Erfahrungen, die ich mit dieser Lok sammelte, aber auch länger zurück liegende Aktivitäten im Dampfmodellbau (Betrieb stationärer Dampfaschinen und Schiffsdampfmaschinen - fertig gebaute Modelle, Bausätze – aber auch Instandsetzung einer alten DOLL), machten Lust auf mehr.


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    [center]Bausatz Irina - Fa. Wanitschek Modellbau[/center]


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    [center]Alte DOLL-Dampfmaschine - leider nicht Originalzustand[/center]


    Schon während der ersten Testläufe mit der BR 18.4 bin ich des öfteren bei SchienenDampf gelandet, weil ich wissen wollte, welche Erfahrungen der eine oder andere mit dieser Lok gemacht hatte. Überaus interessant waren u.a. die Berichte über Schwachstellen und Reparaturen der BR 18.4 , aber auch die Ausführungen zum Umbau der Lok auf Flachschiebersteuerung mit echter Umsteuerung. Hier stieß ich zum ersten Mal auf den Namen WYKO. Über den Bau und auch den Betrieb von WYKO-Loks fanden sich im Forum nur positive Anmerkungen (vgl. „Kleine Dicke in Amerika“; BR 995001; BR 96; BR 81) und so schaute ich mir die Webseite dieser Lokschmiede genauer an.


    Mich interessierte vor allen Dingen, in welcher Form von (Vor-)fertigungsgrad diese Firma Lokomotiven anbietet. Drei Varianten sind im Angebot:


    - Bauteilesätze (Werkstattausrüstung und fundierte Kenntnisse in Metallverarbeitung zwingend notwendig)
    - Bausätze (reine Montage-Bausätze)
    - Fertigmodelle


    Der Montagebausatz – das war, was ich suchte! Um aber sicher zu sein, dass auch wirklich keine weiteren größeren Arbeiten anfallen (ich verfüge über keinen eigenen Maschinenpark und besitze nur begrenzte Kenntnisse in der Metallverarbeitung), schickte ich eine e-Mail an die auf der Webseite angegebene Kontaktadresse. Kurze Zeit später erhielt ich eine Antwort von Herrn Wyrwich, der bestätigte, dass nur zu schrauben sei und mir zum besseren Verständnis die Baubeschreibung für eine BR 65 mitschickte. Darüber hinaus verwies er mich auf die o.a. Beiträge auf SchienenDampf, die ich aber schon kannte. All das liegt jetzt etwa zwei Jahre zurück.


    Den Baubericht zur BR 65 las ich vor- und rückwärts und versuchte einzuschätzen, ob ich mit meinen Kenntnissen und Fähigkeiten und den mir zur Verfügung stehenden Mitteln ein solches Projekt erfolgreich würde durchführen können. Sicher würde es an der einen oder anderen Stelle knifflig werden - bekanntlich steckt der Teufel im Detail -aber insgesamt betrachtet schien es machbar.


    Offen war noch, für welche Lok ich mich entscheiden sollte; aufgrund der Tatsache, dass meine preußischen Abteilwagen schon lange auf einen echten Dampfbetrieb warteten, war der Entschluss dann doch schnell gefasst.


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    Bis die P 10 – 2814 Elberfeld, gefertigt aus einem Bausatz der Fa. WYKO dann aber endlich fertig gestellt war – und das ziemlich genau 95 Jahre nach Auslieferung der Originallokomotive und weniger als 1000 Meter von der ehemaligen BORSIG-Lokschmiede entfernt – sollte noch einige Zeit ins Land gehen.


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    [center]Durch dieses Tor der Fa. BORSIG muss das Original bei Auslieferung Ende Juli 1922 gerollt sein[/center]



    Demnächst mehr aus Borsigwalde



    Rainer

  • Im Mai 2016 setzte ich mich erneut mit Herrn Wyrwich in Verbindung, denn ein paar Fragen waren noch offen, z.B. was noch alles zusätzlich zum Bau benötigt wird, ob eine Achsspeisepumpe sinnvoll ist oder nicht, und die Frage nach dem Prozedere der Bestellung und Bezahlung und des Versands der Lok.


    Antwort in Kurzfassung: der Bausatz ist vollständig mit allen Teilen zum Bau einer betriebsfertigen Dampflok ausgestattet, von daher gibt es eigentlich nichts was man zusätzlich anschaffen müsste und eine Achsspeisepumpe ist nicht unbedingt nötig. (Zitat: „Es ist lediglich ein Teil mehr, um das man sich beim Betrieb kümmern muss und mit dem man rumspielen kann. Andererseits ist aber das gerade der Grund für manche Kunden sich für eine Achsspeisepumpe zu entscheiden. Gleiches gilt noch mehr bei der Dampfpfeife.“ )
    Das alles klang kompetent - und ehrlich!
    Genau so wie der Hinweis, dass wenn ich jetzt bestellen würde, d.h. Mai 2016, erst etwa ein Jahr später, nämlich Mai 2017 mit der Lieferung rechnen könne.


    Etwa Mitte Juni ging die e-Mail mit der Bestellung für den Bausatz raus und zeitgleich überwies ich die Anzahlung. Der erste Schritt war getan. Ende Juni kam die schriftliche Auftragsbestätigung und die Frage, wie es denn nun mit der Achsspeispumpe aussieht, ob ich die auch haben wolle.
    Da ich im August einen Besuch in Düsseldorf plante, bot es sich an, einen Abstecher nach Jülich zu machen, zum einen, um die letzten Ungereimtheiten zu klären, zum anderen war da aber auch die Neugier zu schauen, wer so etwas eigentlich herstellt.



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    [center]BR 96 im Rohbau[/center]


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    Der Besuch in der Werkstatt hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn mir wurde im Gespräch mit Herrn Wyrwich klar, dass sich so ein Echtdampflokmodell eben nicht im Handumdrehen herstellen lässt und unendlich viele Arbeitsgänge bis zur endgültigen Fertigstellung notwendig sind. Das alles erklärt die lange Lieferzeit – und auch den Preis. Man kauft eben kein Massenprodukt, sondern eine Sonderanfertigung, ein Unikat. Und wenn es mehrere Interessenten für solche Stücke gibt, dann kann es mit der Herstellung auch schon mal dauern...


    Ach ja, die Achsspeisepumpe - die bestellte ich dann doch gleich mit bei dem Besuch.


    Demnächst mehr aus Borsigwalde



    Rainer

  • Rainer,


    ja ich weiss, der Wyko ist eine gute Adresse. Meine Kollegen sind im Kontakt zum Bau einer SBB Lok. Neuerdings noch eine von Frankreich. Ich hatte einige Male sehr netten Kontakt mit dem Vater. Ich freue mich auf die Fortsetzung des Berichts.


    Hans

  • Anfang März 2017 kam die Mitteilung, dass die P10 im Bau sei und ich im Mai mit der Auslieferung rechnen könne. Mitte Mai bestätigte Herr Wyrwich die Fertigstellung und nach Überweisung des Kaufpreises – abzgl. Anzahlung – würde das gute Stück auf die Reise gehen.


    Ende Mai stand dann ein Bote von dem bekannten rot-gelben Logistiker vor meiner Tür und überreichte mir ein Paket.


    Was folgte, erinnerte so ein bisschen an Weihnachten, Ostern und Pfingsten – zusammen! - an einem Tag!!! Öffnen des Pakets und - Staunen! Einzelteile in Tüten über Tüten, zusätzlich in Papier verpackt, manchmal auch in Luftpolsterfolie und alles gegen Beschädigung noch durch zusätzliches Stopfmaterial gesichert. In den unendlichen Tiefen des Pakets fand ich dann noch zwei CDs. Eine davon zeigte Bilder einer P10 im Rohbau (ich hatte darum gebeten), die andere Massen von Fotos zum Zusammenbau der vielen, vielen Teile, die Bauanleitung und schließlich noch die Hinweise zur Inbetriebnahme (Dienstvorschrift 2016).



    [center]Bilder vom Paketinhalt (ohne CDs)[/center]


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    Die Bauanleitung, gut lesbar und mit unzähligen Fotos der einzelnen Baustufen, druckte ich sofort aus, schon allein um zu prüfen, ob auch wirklich alle Teile in dieser Wundertüte enthalten waren. Auf den ersten Blick schien alles dabei zu sein, für ein schwarz lackiertes Messingteil fand sich in der Bauanleitung kein Hinweis; aufgrund der Form lag aber die Vermutung nahe, dass es sich um eine Art Tenderabdeckung handeln könnte. Auf Nachfrage wurde mir dies auch von Herrn Wyrwich bestätigt, und er fügte hinzu, dass man diese Abdeckung noch mit „Kohle“ bekleben könne. Auch meine Nachfrage nach evtl. Fehlteilen wurde positiv beantwortet, man würde nachliefern, aber eigentlich sei immer alles gewissenhaft zusammengestellt. (Nach Fertigstellung kann ich sagen: Stimmt! Alles bestens! Keine Fehlteile!).


    Die Mail endete wie folgt:


    „Viel Spass beim Bau und behalten Sie die Nerven bei der Triebwerkseinstellung (etwas knifflig wegen der doppelten Gegenkurbel links).“


    Es konnte endlich losgehen! Aber die doppelte Gegenkurbel mit dem Hinweis „Nerven behalten“ ging mir nicht mehr aus dem Sinn. Lauerten da etwa irgendwelche Tücken??


    Egal, das würde sich irgendwann schon zeigen...


    Mehr dann wieder in der kommenden Woche!


    Grüße aus Borsigwalde



    Rainer

  • Eigentlich war das Projekt P10 etwas, das ich für den Herbst oder Winter geplant hatte. Da der Berliner Sommer aber in etwa so prickelnd war wie abgestandenes Bier, so etwas wie April - von Mai bis September (gut, ein paar sonnige Tage hatte es neben ausgiebigem Regen auch gegeben), ging mir der große schwere Pappkarton mit all den blitzenden Teilen aus Stahl, Messing und Kupfer, den vielen vielen Schrauben und einer Unmenge lackierter metallener Stücke, die auf Montage warteten, nicht mehr aus dem Kopf.


    Als wie so oft schon in diesem Sommer der Himmel wieder einmal seine Schleusen öffnete, hatte ich die Faxen dicke und schnappte mir den Karton.

    Die Bauanleitung hatte ich ausgedruckt, das Werkzeug lag bereit und ich legte los.


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    Entgegen der Anleitung waren sowohl Treibstangen- als auch Kuppelstangenzapfen bereits in den Rädern montiert. Auf den Satz „Auf der 3. Kuppelachse sitzt rechts ein langer und links ein kurzer Zapfen“ kommen wir später noch einmal zu sprechen, denn er kann später als Beweis für eine der Grundregeln beim Zusammenbau von Modellen herangezogen werden: man sollte immer konzentriert bei der Arbeit sein und genau aufpassen, was man tut...


    Im Rahmen waren bereits viele Schrauben, die in späteren Baustufen eine Rolle spielen (z. B. bei Umlaufblech und Kesselauflager), vormontiert. Zur Montage der Räder musste der Rahmen umgedreht werden, und so dachte ich zuerst daran, die Schrauben zu entfernen und zwischenzulagern. Das ließ ich aber sein und benutzte eine dünne Schaumstoffplatte als Unterlage, auf der der Rahmen dann abgelegt wurde.


    In den umgedrehten Rahmen müssen vor dem Einpassen der Achslager an den Achslagerausschnitten noch Schrauben und Scheiben montiert werden, auf die Spiralfedern (für die Achsfederung) zu stecken sind.


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    [center]Achsfedern[/center]


    Erstaunlicherweise sitzen die Federn recht fest auf den Schraubenköpfen; ich hatte zuerst die Befürchtung, dass sie bei der Montage der Achslager - die nach unten gerichtet, eine kleine Vertiefung haben, um die Federn aufzunehmen - unter Belastung wegspringen könnten. Das war aber nicht der Fall und die Montage der vier Achsen ging ohne Komplikationen über die Bühne.


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    [center]Achsfeder in eingebautem Zustand[/center]


    Auch die Befestigung von zwei Vierkantmessingblöcken, die später als Befestigungspunkt für Vor- und Nachlaufraddeichsel dienen, verlief problemlos.


    Nach dem Anbringen der Kuppelstangen, die absolut passgenau und spielfrei auf die Kuppel-/Treibstangenzapfen passten, drehte ich den Rahmen um und stellte das Teil auf die Räder. Was da vor mir stand, sah schon wie eine Lokomotive aus. Na ja - fast....


    Der Anfang war jedenfalls gemacht.


    Mehr aus Borsigwalde in den nächsten Tagen



    Rainer

  • Hallo Rainer,


    Deinen Baubericht verfolge ich mit großem Interesse. Er macht wirklich Spaß beim lesen und man bekommt nebenbei immer noch einige interessante Informationen.


    Viele Grüße & bitte weiter berichten


    Andreas

  • Hallo Rainer,


    ich verfolge deinen Baubericht mit Interesse. Auch ich habe schon ein Fahrweksbausatz von Wyco zusammengebaut. Von der Qualität des Bausatzes und dem Support von Wyco kann ich nur positives Berichten. Leider ist das Spur IIm Angebot nicht so vielseitig wie das der Spur I.
    Viel Erfolg beim Zusammenbau.


    Gruss Christoph

    Mehr Pausen zwischen dem Nichtstun...Vor allem längere...

  • Liebe SchienenDampfer,


    Eine kurze Anmerkung vorweg:
    Ich freue mich über das rege Interesse an dem Bericht und folge natürlich den aufmunternden Worte gern. Vielen Dank also an Hans, Reinhold, Andreas und Christoph!


    So, und nu machen wa weita!


    Als nächstes war die von mir mitbestellte Achsspeisepumpe an der Reihe. Sie wird an einer schrägen Rahmenplatte befestigt. Dazu werden zuerst die im Pumpengehäuse befindlichen 1,6 mm Schrauben entfernt.


    Das Einpassen in den Rahmen gelingt recht gut: man muss lediglich die Pumpenkolbenstange über den Zapfen am kurzen Pleuel schieben. Um mir die Arbeit etwas zu erleichtern, entfernte ich noch einmal die Kuppelstangen und auch den Radsatz, an dem der Pleuel für die Pumpe angebracht war. Kolbenstange auf Pleuelzapfen, danach wieder Radsatz einbauen und Kuppelstangen drauf. Das ging recht fix vonstatten. Mit vier Schrauben wurde die Pumpe danach an der Rahmenplatte befestigt.


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    [center]Achsspeispumpe von unten[/center]


    Ich erwähnte es weiter oben schon, als es um den Rahmen ging, dass die meisten Schrauben in den Gewinden stecken, in die sie später auch hineingehören. So war es auch bei den vier Schrauben der Fall, mit denen die Achsspeisepumpe am Rahmen befestigt wird. Zwar müssen sie vor der eigentlichen Montage erst noch einmal entfernt werden, um sie kurze Zeit später - nach erfolgtem Ausrichten - wieder einzuschrauben; der Vorteil in diesem Prinzip liegt aber darin, dass man nicht erst in einem Wust von Schrauben unterschiedlichster Beschaffenheit (mit unterschiedlichen Durchmessern, Längen und Steigungen etc.) nach der richtigen suchen muss, sondern sich sicher sein kann, dass man die passende zur Hand hat.


    Wenn für jedes einzelne Schraubenloch auch noch die entsprechende Schraube in der Baubeschreibung hätte beschrieben werden müssen, wäre eine viel umfangreichere Baubeschreibung, ergänzt durch eine detaillierte Stückliste und eine Vielzahl von Zeichnungen nötig gewesen. Das hat sicherlich auch seinen Reiz, problemloser - und ganz sicher auch schneller - ist aber meiner Meinung nach die von WYKO praktizierte Variante.

    Anschließend wurden noch der Vorwärmer und die Bremsattrappen am Rahmen angeschraubt.


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    Bevor ich mit den Arbeiten am Mittelzylinder begann, entfernte ich den Abdampfsammler. Die an der Treibachse (zweite Achse von vorn) montierte Treibstange (Pleuel) wird mit der Kolbenstange des Mittelzylinders durch einen Gabelkopf verbunden und dann der Mittelzylinder des Dreizylindertriebwerks im Rahmen befestigt.


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    [center]Antriebsachse mit Pleuel für Mittelzylinder[/center]


    Bei den beiden rechts und links am Rahmen zu montierenden Zylindern sind einige Vorarbeiten nötig: zuerst müssen die Treibstangen mit den Kolbenstangen verschraubt und die für Befestigung am Rahmen benötigten Schrauben in die Zylinder eingeschraubt werden. Danach sind die Abdampfrohre an der Reihe. Sie werden in die Zylinder geschraubt und danach so gebogen, dass die Einheit – bestehend aus Treibstange-Zylinder-Abdampfrohr – mit dem Abdampfrohr in den Rahmen eingefädelt und dann angeflanscht werden kann. Begonnen wird laut Bauanleitung mit dem rechten Zylinder.


    Ich entschloss mich entgegen der Bauanleitung die Treibstangen erst später anzuschrauben und da ich das Abdampfrohr nicht auf „blauen Dunst“ biegen wollte, stellte ich aus einem alten Stück Elektrodraht mir eine Art Schablone her, die fast berührungsfrei durch den Rahmen geschoben werden konnte. Nach diesem Muster bog ich dann das Abdampfrohr, das aber noch nicht in den Zylinder geschraubt war. Schwerer Fehler! Ich hatte nämlich nicht berücksichtigt, dass nach dem Einschrauben des Abdampfrohres in den Zylinder dieses auf „halb-sieben“ stand, also um eine Drittel Umdrehung versetzt war und sich überhaupt nicht mehr durch den Rahmen schieben ließ...


    Also Abdampfrohr wieder raus und so gut wie es ging gerade biegen. Dann erneut in den Zylinder schrauben und dort gemäß der „Schablone“ biegen. Das klappte sehr gut und die gesamte Einheit ließ sich durch das Loch im Rahmen mit einer leicht drehenden Bewegung wunderbar einpassen. So gut wie es reinging, ging es auch wieder raus, denn ich brauchte die Einheit als Vorlage für den zweiten (linken) Zylinder.


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    [center]Zylinder rechts mit gebogenem Abdampfrohr[/center]


    Das spiegelbildliche Biegen des Rohres verlief wie auch das spätere Anpassen des zweiten Zylinders im Rahmen dann absolut problemlos.



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    [center]Rechter und linker Zylinder mit Abdampfrohr und Treibstangen[/center]


    Beide Zylinder wurden anschließend an den Rahmen geschraubt, nachdem die beiden Treibstangen über die entsprechenden Zapfen an den Rädern geschoben worden waren.


    Die unter dem Mittelzylinder befindliche Rahmenplatte (vier Schrauben) demontierte ich kurz, um die von den seitlichen Zylindern zum Abdampfsammler führenden Abdampfrohre mit den jeweiligen Überwurfmuttern an den Gewinden des Abdampfsammlers (den ich dafür an den Mittelzylinder geschraubt hatte) spannungsfrei anpassen zu können.



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    [center]Anpassung der Abdampfrohre an Abdampfsammler[/center]


    Die Befestigung der Kreuzkopfführungen auf jeder Seite beendete die Arbeiten an den Antriebseinheiten.


    Ein kurzes Zwischenfazit:


    Bis hierher war alles absolut problemlos verlaufen, mal abgesehen von der selbst verursachten Pleite mit dem Abdampfrohr. Die passgenauen Bauteile trugen dabei ganz wesentlich zum Erfolg bei.


    Dann kann das mit den Steuerelementen wie Schwingenwellen, Aufwerfhebeln, Umlenkwellen etc. ja auch nicht so schlimm werden - dachte ich...


    Wie sich dieses Kapitel dann entwickelte, davon mehr beim nächsten Mal.


    Grüße aus Borsigwalde



    Rainer

  • Im letzten Beitrag deutete ich am Schluss ja bereits an, dass es beim Zusammenbau der Steuerung einige Schwierigkeiten gab. Grund dafür waren von mir selbst verursachte Fehler. Am Bausatz hatte es nicht gelegen! Wie aber ist es dazu gekommen?


    Die Zylinder, also die Antriebseinheit – bestehend aus den beiden Außenzylindern und dem Mittelzylinder, waren am Rahmen angebracht, was folgte, war der Zusammenbau der Steuerung.


    Die Schwingenwelle ist wegen der drei Zylinder in zwei Teile geteilt, wobei die beiden Wellenteile im Rahmen durch die mittleren Aufwerfhebel miteinander verbunden sind. In die mittlere Schwinge, die zwischen den beiden Aufwerfhebeln liegt, wird die gekröpfte Schieberschubstange mit der Schieberstange des Mittelzylinders verbunden.



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    [center]Geteilte Schwinge mit mittleren Aufwerfhebeln[/center]


    Klingt kompliziert, ist es aber eigentlich nicht, nur wenn man, wie ich, eine Dampflokomotive zwar schon einmal gesehen hat, nicht aber unbedingt alle dazu gehörigen Teile benennen kann, dann gerät die Arbeit schon einmal etwas ins Stocken.


    Während die Schwingenwelle sich zwischen dem 1. Radsatz und den Treibrädern befindet, liegt die Umlenkwelle für die mittlere Schwinge zwischen Treibrad- und drittem Radsatz. Der innere Umlenkhebel muss genau parallel zum äußeren Hebel liegen. Mittelere Schwinge und innerer Umlenkhebel werden mit einer Stange verbunden.



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    [center]Gekröpfte Schieberschubstange, Schwingenwelle und Umsteuerwelle[/center]



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    [center]Geneigte Schieberschubstange[/center]



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    [center]Triebwerksteuerung (innen)[/center]



    Als die erste Gegenkurbel am Zapfen des 3. Radsatzes links angebracht und mittels einer Schubstange die Verbindung zum Umlenkhebel hergestellt war, war der Zeitpunkt für die Einstellung der Gegenkurbel für die mittlere Schwinge gekommen. Doch etwas stimmte nicht! Beim Drehen der Räder drückte die Schubstange gegen den Kurbelzapfen am Rad. Sonderbar... Vorwärts – klappte nicht. Rückwärts – logischerweise auch nicht.


    Kommen wir also auf die Andeutung zurück, die ich im letzten Beitrag vom 04.10.2017 gemacht habe: „man sollte immer konzentriert bei der Arbeit sein...“


    Der Fehler war schnell gefunden – ich hatte den 3. Radsatz verkehrt eingebaut, kurzer und langer Zapfen standen auf der jeweils falschen Seite. Also war Rückbau angesagt.


    Das war eine längere Aktion, denn es mussten die Außenzylinder, Treib- und Kuppelstangen sowie der Pleuel für den Mittelzylinder entfernt werden. Für den Ausbau des Radsatzes mussten auch die Fangeisen demontiert werden.
    Mein „Beschleunigungsversuch“ bei diesen Arbeiten, nämlich nur eine Schraube vom Fangeisen zu demontieren und dann das Fangeisen einfach um 90 Grad drehen (die Schraube kann ja sooo fest nicht sitzen – absolut dämliche Annahme), wurde abrupt durch ein leises Knacken beendet. „Nach fest kommt ab“ - glaubt keiner, ist aber so! Ersatzschrauben hatte ich, nur wie bekam ich den Schraubenrest aus dem Rahmen? Erstaunlicherweise waren diese 3mm der Restschraube im Rahmen gar nicht so fest im Gewinde; sie ließen sich mit einem extrem schmalen Schraubendreher durch den Rahmen drehen und fielen schließlich heraus.


    Fazit der Aktion:
    Versuche, meine Arbeit zu „beschleunigen“, stellte ich von diesem Zeitpunkt an sofort ein.


    Nachdem dann alles wieder an Ort und Stelle war, und sich auch die Räder der dritten Achse mit der darauf montierten Gegenkurbel widerstandslos drehen ließen, legte ich erst mal eine Pause ein.



    In den nächsten Tagen mehr aus Borsigwalde



    Rainer

  • Hallo Rainer,
    kurze Frage: hat Dein Modell Kolbenschieber, oder Muschelschieber (als Kolbenschieber angedeutet)? könntest Du für mich ein Bild davon machen, bei offenen Schieberkasten, wenn möglich :mrgreen:
    Grüße und weiter so,
    Reinhold

    ....und immer 'ne handbreit Wasser über der Feuerbüchse!

  • Guten Tag Reinhold,


    die Zylinder kamen alle in einbaufertigem Zustand. Hab sie auch nicht zerlegt und deswegen auch keine Bilder. Meine Vermutung, es handelt sich wohl um Muschelschieber.
    Im Baubericht zu WYKOs BR 995001 von Sven (BR 995001 von WYKO) sind aber Bilder von offenen Zylindern zu sehen. Ich denke mal, dass die der P10 ähnlich sind, denn der Blick von oben - durch die beiden sonst mit Sechskantschrauben verschlossenen Zylindereckel - ist identisch.


    Grüße aus Borsigwalde in Schwarzwald



    Rainer

  • ....Wunsch wurde erstklassig und zügig erfüllt :flt:
    Danke, mein Bester!!!
    Grüße nach Borsigwalde,
    Reinhold

    ....und immer 'ne handbreit Wasser über der Feuerbüchse!

  • Die folgenden Einstell-Arbeiten sind, wenn man das Prinzip verstanden hat, relativ einfach auszuführen und auch die sich daran anschließende Überprüfung ist nachvollziehbar.


    Die innere Schwinge muss sich in den Totpunktlagen des Zylinders im rechten Winkel zu Schieberschubstange befinden. Da der mittlere Zylinder – und damit verbunden natürlich seine Schieberschub- und Kolbenstange – um ca. 9 Grad geneigt ist, ist die innere Schwinge dann später zu den beiden äußeren Schwingen ebenfalls um 9 Grad geneigt.


    Die richtige Einstellung der Gegenkurbel liegt vor, wenn bei leicht nach vorne geneigter Gegenkurbel sich in der vorderen und hinteren Totpunktlage des Zylinders die Schieberschubstange zwar in der Schwinge auf und ab bewegt, die Schieberstange am Zylinder dabei aber nicht bewegt wird. Alles klar?
    Durch Drehen der Räder lässt sich diese Einstellung überprüfen. Das ganze dauert aber seine Zeit...


    Als nächstes werden die äußeren Aufwerfhebel auf die Schwingenwellen geschraubt und ausgerichtet: beide zueinander parallel und zum mittleren Aufwerfhebel um 9 Grad versetzt. Nach Montage der Schwingen (rechts und links) folgt die der Schieberstangen und Voreilhebel sowie die der Lenkerstangen. Damit ist die Mechanik rund um den Kreuzkopf fertig gestellt.


    [center][/center]


    [center]Schwingen, linker und mittlerer Zylinder[/center]



    Es fehlt jetzt nur noch die Verbindung mit den Gegenkurbeln, wodurch die Steuerung der beiden äußeren Zylinder erfolgt. Dazu werden die Schwingenstangen der äußeren Zylinder mit der jeweiligen Gegenkurbel verbunden.


    [center][/center]


    [center]Aufwerfhebel und Schwinge links und doppelte Gegenkurbel links[/center]



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    [center]Gegenkurbel rechts[/center]



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    [center]Aufwerfhebel. Schwinge, Schieberschubstange, Zylinder etc. rechts[/center]



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    [center]Blick auf die geteilte Schwingenwelle mit Aufwerfhebeln und Schwingen[/center]



    [center][/center]


    [center]Blick von oben auf die Zylinder und die Steuerung[/center]



    [center][/center]


    [center]Blick auf die Zylinder und jeweiligen Steuerelemente[/center]



    Wenn der jeweilige Treibzapfen sich in der unteren Position befindet, muss die entsprechende Gegenkurbel leicht nach hinten geneigt sein.


    Klingt verwirrend, ist es in Teilen auch – ich erinnere an die aufmunternde Mail von Herrn Wyrwich:
    „Viel Spass beim Bau und behalten Sie die Nerven bei der Triebwerkseinstellung (etwas knifflig wegen der doppelten Gegenkurbel links).“


    Vor dem Einstellen des Triebwerks müssen allerdings der Führerhausboden und der darauf befindliche Umsteuerbock am Rahmen montiert werden. Ein überaus simpler Bauabschnitt, bei dem ich mir jedoch dann einen echten Klops leistete. War es die Müdigkeit, oder die Euphorie, dass bis hierher alles so gut verlaufen war? Ich weiß es nicht.


    Aus irgend einem Grund setzte ich jedenfalls den Boden des Führerhauses seitenverkehrt ein – also oben nach unten. Das passte auch ohne Schwierigkeiten in den Rahmen. Nur war die Steuerstange, als ich sie an den Umsteuerhebel schrauben wollte, zu lang, um an den Hebel der Umsteuerwelle zu passen. Ratlosigkeit. „Sicher ist die Steuerstange von einem anderen Modell“, dachte ich und verfuhr nach dem Motto: „Was nicht passend ist, wird passend gemacht.“


    Steuerstange abschrauben, kürzen, neue Löcher bohren, alles wieder anschrauben, und...passt!!


    „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort“, so heißt es; bei meiner eigenwilligen Aktion stimmte dies nicht so ganz, denn es dauerte eine ganze Weile, bis der Fehler offenkundig wurde.


    Davon demnächst mehr aus Borsigwalde



    Rainer

  • Hallo Rainer,


    eine tolle Arbeit hast du da geleistet. Mir gefällt dein Satz weiter oben "Wenn man einmal verstanden hat" Das ist das wichtigste. Das erklärt vieles von selbst. Aber dieses Verstehen kommt nicht von selbst.
    Ich würde mir am Schluss wenn alles stimmt eine Einstelllehre anfertigen. Einfach für alle Fälle. Nochmals Gratulation.


    Hans

  • Guten Tag Hans,


    danke für den Tipp mit der Einstelllehre! Hatte hier im Forum irgenwann schon einmal etwas dazu gelesen und werde mir solch ein Teil auch noch anfertigen.
    Um später Einstellungen leichter vornehmen zu können, habe ich aber auch noch zusätzlich die Stellung der Gegenkurbeln und Steuerung (rechte und linke Seite) fotografiert, und zwar bei drei Stellungen der Umsteuerung (vorwärts – neutral – rückwärts) und jeweils vier unterschiedlichen Stellungen der Kurbelzapfen (0 Grad, 90 Grad, 180 Grad, 270 Grad).
    Aus den Bilderserien wird sehr deutlich, wie Aufwerfhebel, Gegenkurbel, Schieberschubstange etc. miteinander in Verbindung stehen (müssen) um letztendlich dafür zu sorgen, dass die Schieber der drei Zylinder kontrolliert ihre Arbeit verrichten können.


    Viele Grüße aus Borsigwalde



    Rainer

  • Rainer,


    im hinteren Totpunkt, wenn der Schieber ganz wenig öffnet und die Kulisse vertikal steht ist der Zeitpunkt für die Einstelllehre. Einerseits unter die Kuppelstange und unter den Bolzen der Gegenkurbel.


    Hans