Eine "U" in der Prignitz

  • Hallo Dampfer,


    ich möchte Euch mein Tuning einer Regner "U" zeigen. Über einige Umwege hat es nach dem 2. WK eine 750 mm U-Reihe aus Böhmen in die Prignitz nach Brandenburg geschafft, sie war ein absolutes Unikat bei der DDR-Reichsbahn und soweit im Norden irgendwie sowieso. Sie bekam die Nummer 99 791, später dann 99 4712. In der Prignitz gab es damals ein recht großes Schmalspurnetz mit vielen verschiedenen Loks und buntem Wagenpark, besonders in den 60ern.Spitzname der Bahn ist übrigens "Pollo". Da ich schon mehrere Modelle nach "Pollo-Vorbild" habe, lag es nahe, aus einer Regner Maschine, diejenige aus der Prignitz zu machen. Schon lange schwebte mir das Projekt und eine Regner U-Reihe.
    Das Vorbild änderte über die Jahre ihr Aussehen in mehr oder weniger Details. Ich möchte mein Modell ins Jahr 1962 setzen, da die Lok mir da irgendwie am besten gefällt, z.B. besitzt sie noch eine abgerundete Domverkleidung aber schon Ackermann Sicherheitsventile. Die Wasserkästen sind bereits neu geschweißt, weshalb ich neue Seitenteile ohne Nieten bauen will. Es wäre schade und unnötig Arbeit, die genieteten Gehäuseteile abzuschleifen. Die Lok soll zusätzlich und halbwegs versteckt im linken Wasserkasten noch eine Speisepumpe bekommen.


    Hier zwei Links zu Bildern der Lok. Leider gibt es im Netz nicht viel, nur in einem Buch.
    http://www.schmalspuralbum.de/….php?pid=19518&fullsize=1
    https://picclick.de/Original-F…x-CSDim-254016603853.html


    Es geht los, erstmal alles zerlegen und überprüfen. Die Maschine ist allerdings so gut wie nicht gefahren.


    Gehäuse abbauen, dann habe ich schon Servohalterungen aus Aluprofilen gefertigt. Servos werden neu positioniert bzw. kommt noch einer für die Betätigung vom Regler der Speisepumpe hinein.





    Dann ging es an den Einbau der Entkuppler, vorn musste ich in die Pufferbohle ein Langloch 8x9 mm für den Entkuppler schaffen.





    Hinten brauchte die Betätigunsplatte auch etwas Platz, aber nicht so viel.



    Die Zugstange ist aus 1,5 mm Draht, habe sie unter dem Nachläufer in "U" Form gebogen. Danach folgte ein kleiner Test und die Lok wurde weiter zerlegt.



    Beim Öler der Zylinder hab ich den Ablass um 90° verdreht und verlängert, sodass die Ablassschraube später unter dem Wasserkasten sitzt.




    Die alten Sicherheitsventile tauschte man später gegen Ackermann-sicherheitsventile aus. seine Rundung im oberen Bereich behielt der Dampfdom bis ca. 1963. Habe den Ventilblock unten abgefräst und die öffnung im Dom erweitert, damit alles hineinpasst.




    Der Schornstein hat auch eine etwas schlichtere Krempe oder Kranz ??? bekommen.


    Am Rahmen und Fahrwerk selbst war nix weiter zu tun, also ab unter die (Glas)Dusche:




    Einen Bahnräumer hab ich noch angelötet.



    Aus Messingblech und Winkeln sind die kleinen Werkzeugkästen entstanden.



    Nach ein paar Tagen Arbeit, durfte ich endlich lackieren. Hab eine 2K Grundierung und 2K Lack RAL 3002), beides aus der Dose, verwendet. Alle roten Teile hab ich an einem Bastelnachmittag(der dann fast Nachtschicht wurde) gespritzt, da nach aktivierung des Härters, die Farbe nur 8h verarbeitbar bleibt. Für die Grundierung hat man länger Zeit, aber mit Decklack kann man sie schon nach 20 Min. versehen.





    Zum trocknen über Nacht hängen lassen.



    Am nächsten Tag:



    Die Chemieküche ist eröffnet, es gibt Messing blanchiert...ähh brüniert.



    Nach einer Stunde Arbeit war leider alles verbrannt und schwarz :GR
    Zylinderdeckel und etliche Schrauben mit keiner oder abgegriffener Brünierung. Danach hab ich begonnen die Zylinder und das Fahrwerk zusammen zu schrauben.
    Die gewickelten Kolben wurden gegen welche von U. Herrmann, mit Silikonring getauscht, sonst alles wie bei Regner Zylindern üblich zusammen gesetzt, neue Stopfpackungen gewickelt usw.



    Die Lager der Kuppelstangen wurden bei der Gelegenheit gleich mit Igus Buchsen versehen.



    Einer der beiden neuen Kolben.



    Fahrwerk fertig montiert und eingestellt, Drucklufttest war vielversprechend. ich lade noch ein kurzes Video hoch.





    Umsteuer-Servo und Entwässerungs-Servo haben auch Platz genommen.


    Ein langer Beitrag, die Arbeit von gut einer Woche, hoffe ihr findet etwas gefallen dran und Fortsetzung folgt!


    Grüße
    Christoph

  • Hallo Christoph!


    Schön von einen "U" - Umbau zu lesen, netter Bericht.


    Ich liebe "U" war meine erste Lok (2004), inzwischen habe ich mit der SKGLB drei Stück.
    Bei allen aber die Nachlaufachsen-Feder á la Regner geändert.


    Weiter viel Spaß. Lese gerne deinen Bericht weiter
    Heinz

  • Hallo Christoph,


    Vielen Dank für den schönen Umbaubericht. Die U ist auch eine meiner absoluten Lieblingslokomotiven. Die steht bei mir auch noch auf der viel zu langen Werkstattliste. Ein Tipp was die Regner U anbelangt. Diese hat im Grunde die falsche Radbauform. Damit meine ich Gegengewicht und Speichenzahl. Dies zu ändern wertet das Modell ungemein auf. Hatte mein Fahrwerk von Werk aus schon ohne Räder bestellt. Auch ohne Kessel und Gehäuse da ich hier auch eigene Ideen umsetzen will.


    Ich freue mich jedenfalls auf deine weiteren Ausfuhrungen zur Prignitzer U.


    Beste Grusse ,


    Marco

  • Hallo Christoph!


    Ich freue mich sehr, wieder über einen U (ähnlichen) Lok zu lesen!
    Die sind auch meine Lieblings-Lok!
    Deine Vorbild-Lok(s) wurden für Friedländer Bezirksbahn (FBB) Krauss Linz im Jahr 1899 gebaut, Fabrik-Nr. 4183-85.
    Die Lok unterschiedet sich von Reihe U bei Spurbreite, 750 mm statt 760. Treibrad 845 mm statt 820, Laufräder 600 mm, statt 570 mm.
    (Die Daten stammen von Roland Beier: Reihe U, Transpress)


    Viel Erfolg beim Weiterbau!


    Gruß
    Pál

    Wer noch vielen Spur I und IIm Loks bauen möchte

  • Moin zusammen,


    es geht weiter...vielen Danke erstmal für eure positive Resonanz auf den Beitrag. Es freut mich, wenn euch die "U" genauso gefällt wie mir und ihr Interesse an meinem Umbau habt. Der Tipp von Marco mit den Rädern ist sehr gut, Pál hat dazu ja gleuch Zeichnungen gemacht. Bei mir ist ja grad erst alles zusammen gebaut und ich bin froh, dass das Fahrwerk ganz gutläuft, deshalb werde ich alles erstmal so lassen. Bin mir natürlich bewusst, dass es dann auch bei der "Prignitzer U" nich vorbildgerecht ist.
    Bei ersten Tests unter Dampf musste ich feststellen, wie vorsichtig man, bei den Kesseln mit tiefer liegendem Regler, mit dem Wasserstand sein muss. Hoffe ihr wisst welchen Regler ich meine...Dampfregler, angeflanscht an der Kesselrückwand. Ich hab bisher noch keine Erfahrung damit gehabt und festgestellt, dass die Lok bzw. Regler empfindlicher gegen Wasser überreißen ist, als diejenigen die am Amaturenstock sind. bei zu hohem Wasserstand ließ sich die Lok kaum im Zaum halten, bei kleinster Regleröffnung schleuderte sie auf der stelle :GR :pff:
    Beim Wasserstand auf Hälfte zwischen Reglerflansch und Flammrohr ließ sie sich dann, für ein noch nicht eingelaufenes Fahrwerk, recht fein und vorallem endlich langsam fahren. Kennt ihr das?


    Nun zum weiteren Bau:







    Vor dem Wassertank ist Platz für den Öler.


    Wie bereits erwähnt, baue ich die Seitenteile neu. Dazu habe ich mir einiges fräsen lassen, darunter auch Pufferteile, Rauchkammertür und Ruchkammerstütze. Auf den Bildern ist auch der Bau des Wasserkastens zu sehen.


    Weiter:



    Den Meßschieber hab ich zur Fixierung der richtigen Breite benutzt.



    Ruchkammerträger und Rauchkammertür sind neu entstanden. Die Tür hab ich neu gebaut, weil mir beim Vergleich auf Originalfotos aufgefallen ist, dass sie etwas größer ist, als die des Regner-Modells. Sie ist etwas schlicht gehalten, da beim Original auch alles geschweißt war. Entstanden ist die Tür aus einem runden Blech und einem gedrehten Deckel. In der Mitte ist eine Bohrung, um später das Baureihenschild anzuschrauben.



    Hier nochmal der Vergleich.


    Kleine Stellprobe zur eigenen Motivation:




    Und weiter gehts zum nächsten Schritt:




    Vorreiber aus M1,6 Schrauben und Draht. In den Kopf wird eine kleine Rundung gefeilt, damit der Draht beim Löten nich so schnell weg rollt. Dann alles mit einer waghalsigen Konstruktion fixiert und hart verlötet. Später habe ich die Schraubenköpfe noch etwas abgefeilt, die Drahtenden nach oben gebogen und anschließend mit dem Hammer platt geklopft, um die richtige Optik zu erzielen.


    Nun zu einer weiteren Besonderheit. Bei der 99 4712 hat man vorn die Pufferbohle verlängert bzw. etwas angebaut. Ich vermute, dies war notwendig, um einen Trichterpuffer mit außenliegendem Balancier unterbringen zu können. Das war innerhalb des bestehenden Lokrahmens anscheinend nicht möglich. Darauf liegt quer ein Rohr, was zur Elevatoranlage gehört, um an Brunnen oder Bächen Wasser in die Wasserkästen zu saugen. In der Prignitz waren Wasserkräne eher eine Ausnahme. Über dem Rohr war zeitweise ein(vermutl.) Abdeckblech, damit die Pufferfeder beim Lösche ziehen nicht dreckig wird? :WN Das Detail ist jedenfalls sehr markant und so hab ich es versucht, relativ einfach nachzubauen:





    Die Verschlüsse an den Rohrenden sind Gussteile, die Verlängerung selbst ist aus einem Stück 0,5er Messingblech gebogen. Noch Nieten eigelötet, nach Fotos. Angeschraubt wird alles mit den unteren, beiden Schrauben, mit denen auch die Pufferbohle festgeschraubt wird.


    Und fertig:



    Noch die Zylinderabdeckungen repariert:




    Die Wasserheber-Anlage nachempfunden, mit Anstellventil am Dampfdom und der Zuleitung:




    Hier dient 0,8 mm Draht als Schraubenimitation.


    Weiter geht es mit der Verrohrung und Amaturen:
    Einen kleinen Öler für die Pumpe gebaut. Rohrleitungen gebogen. Die Speisepumpe hängt an zwei, miteinander verbundenen Kesselbändern.






    Im Führerstand wirds langsam eng. Die Lok hat noch einen 6 mm Wasserstand bekommen, den ich noch "anleuchten" möchte





    Nun muss das Gehäuse noch fertig gestellt werden und die Beleuchtung, es geht also weiter, fortsetzung folgt...


    schöne Grüße
    Christoph

  • Hallo,

    ich möchte meinen Beitrag endlich ein bisschen fortsetzen und um Bilder von der Fertigstellung der Lok ergänzen.

    Auf den ersten Bildern hatte ich die Lok an einem sonnigen Tag im Frühjahr draußen aufgestellt, um sie fürs Forum abzulichten.

    Meine U hat auch Entkuppler und schaltbares Licht bekommen. Einige Details an der Lok stimmen nicht gaaanz mit dem Original überein bzw. dem Zeitraum den ich mir heraus gesucht hatte, in dem die Lok dargestellt ist.

    Mittlerweile ist sie gut eingestellt und stand schon einige Male unter Dampf.





    Der Öler für die Zylinder


    Schlitzpuffer wie das Original für Kuppelbäume


    Die Akkus


    Ihre ersten Einsätze noch ohne Loklaternen. Ein Zug wie er so ähnlich in der Prignitz fuhr...mit den Jahren kommen noch mehr passende Wagen und auch Ladegut für Rollwagen.






    Hoffe ihr konntet meinem Beitrag etwas abgewinnen und Videos folgen noch...


    Grüße

    Christoph