Hallo SchienenDampfer!
Noch ein Beitrag vom 23. Jänner 2008 aus dem alten SBF, etwas angepasst.
Wolfgang hat mir damals eine Beschreibung der Teflon-Kolben, die er in seine Rote Emma eingebaut hat, zukommen lassen - also, wenn jemand Lust hat das nachzubauen ....
Kolben zweiteilig mit Teflonlauffläche
Die gute Erfahrung mit PTFE-Steuerkolben bei Testfahrten in der gesamten Länge von über 170 km ermutigte mich auch den Arbeitskolben mit einer durchgehenden Lauffläche zu versehen.
Folgende aufgelistete Eigenschaften des Teflonwerkstoffs wurden dabei ausgenützt:
* beständig gegen Heißwasserdampf
* sehr gute Gleiteigenschaften
* verhältnismäßig hohe Wärmeausdehnung
* Memoryeffekt
Aus der Sparte der nachteiligen Eigenschaften möchte ich zwei anführen:
* das Kaltflussverhalten
* die verhältnismäßig geringe Verschleißfestigkeit
Vorab einige Worte zur Geschichte dieser Kolbenbauweise
Beim Fachsimpeln während der Modellbaumesse 2005 in Wien meinte Hr. Manfred Regner, dass er sich auch einen geteilten Kolben vorstellen könnte.
Diese Aussage war der Auslöser für dieses Projekt, welches aus Rücksicht von mir bis dato nicht verwirklicht wurde, um bestehenden Bauarten keine Konkurrenz zu machen.
Im folgenden Jahr heizte ich die “Rote Emma” bei der Wiener Modellbaumesse zum allerersten Mal an. Sie machte ordentliche Dampfwolken, der Sound war auch nicht schlecht, aber die Leistung war mittelmäßig. Die Ursache dafür war der nicht vorhandene O-Ring zwischen Messingkolben und Teflonummantelung. Ich dachte die Konstruktion der Steuerkolben, welche keine O-Ringe benötigen, übernehmen zu können.
Der nächste öffentliche Auftritt erfolgte mit nachträglich eingebauten O-Ringen beim Pfingsttreffen 2007 der Fa. Regner. Die Nürnberger Podestanlage wurde zur Teststrecke erklärt. Der Leichtlauf der Kolben ist imposant, aber ohne starker Kurvenüberhöhung der Schienen nicht testbar.
Die Konstruktion des Kolbens
Leider bin ich „zu spät geboren“ um sie für mich reklamieren zu können. Aber Materialwahl und die Formgebung sind das entscheidende für diese Anwendung.
Erläuterung der Bauteile
Die Kolbenstange (Niro) hat ein M3-Maschinengewinde. Dieses wird mit dem Schneideisen nachgeschnitten (nicht Freihand!) Die beiden Messingscheiben werden jeweils in einem Arbeitsgang gedreht und mit dem M3-Innengewinde versehen. Nun wird bei der abgesetzten Scheibe das Gewinde geringfügig ausgefräst. Beide Scheiben erhalten außen 2 Sacklöcher für die Stiftschlüssel.
Erfreuliche Tatsachen: die beiden Kolbenhälften werden von mir nur mit der Hand angezogen und nicht verklebt! Der Rundlauf beider Scheiben ist gegeben, wenn die abgesetzte Scheibe nicht am Gewindeende der Kolbenstange anliegt.
Aufmerksame Leser erinnern sich, dass ich den O-Ring erst später eingebaut habe und benötigen keine zusätzlichen Kommentare für die aufwendige Gestaltung der Scheibeninnenseiten. Die Lauffläche des Kolbens ist nur ein Rohr mit mittig innenliegenden ringförmigen Steg. Zwischen dem leicht abgesetzten Außendurchmesser des Messingkolbens und dem Innendurchmesser des Teflonrohres ist ein Luftspalt. Der eindringende Dampf erwärmt das Teflon.
Somit nützte ich die Eigenschaft, dass ungefülltes Teflon sich verhältnismäßig stark ausdehnt. Der Kolben dichtet erst wenn er heiß wird und legt sich mit zunehmenden Dampfdruck an die Zylinderwand an.
Warnung für alle die diesen Kolben für den Eigenbedarf nachbauen wollen und möglicherweise scheitern. Es gibt nur einen richtigen Kolbendurchmesser und der kann nur mit Dampf getestet werden. Das bedeutet, den Kolben in die Maschine einbauen, anheizen, Treibstange nicht mit dem Kreuzkopf verbinden, die Maschine vor- und zurückbewegen. Somit kann man feststellen, ob der Kolben noch klemmt, richtig funktioniert oder leider schon den Dampf durchlässt.
Zu den Maßangaben meiner Handskizze möchte ich bemerken: wichtig ist nur das Maß des Kolbenaußendurchmessers, alle anderen Maße sollen Wanddicken und Luftspalte zeigen.
Für den Nachbau eines funktionierenden Kolbens drehe ich ein Kalibrierrohr. Der kalte Teflonkolben soll sich im Rohr leicht schieben lassen, aber nicht durchfallen. Anschließend wird ein Messingdorn gedreht, der genau ins Rohr passt. Mit der gleichen Supporteinstellung müsste man eigentlich den Teflonkolbendurchmesser ziemlich genau erreichen. Das Kalibrierrohr bringt den Beweis.
Die Innendurchmesser des Teflonrohrs könnten durch Fräser, Stufenbohrer oder Innendrehstähle entstehen und demzufolge leicht abweichen. Die Breite des ringförmigen Stegs im Teflonrohr wird vorzugsweise der Schnurdicke des O-Ringes angepasst. die Höhe des Stegs ist abhängig von den O-Ringmaßen. Das Maß der Nuttiefe folgt daraus. Notfalls wird der O-Ring leicht überdehnt, wenn sein Durchmesser nicht ganz ins Konzept passt.
Zum Schluss möchte ich noch zu bedenken geben: diese BAUART der Kolben funktioniert NICHT mit Druckluft und die Maschine kann man deshalb NICHT „einlaufen“ lassen was aber auch nicht notwendig ist.
Die Teflonkolben müssen von Anfang an das richtige Maß haben. Bei den Teflonlagern nützt man das Kaltflussverhalten des Werkstoffs.
Zur Kritik der geringen Verschleißfestigkeit von ungefülltem Teflon:
Wenn die Reibung so groß würde, dass Teflon Bauteile verschleißen könnten, bewegt sich die Maschine sowieso keinen Millimeter mehr.
In Langstreckentest absolvierten Lokomotiven mit Teflonbauteilen Distanzen von über 170km (das entspricht mehr als 3 Millionen Kolbenhüben) und weisen noch immer keinerlei Abnützungserscheinungen auf.
Dass die Zylinderlaufflächen spiegelglatt sind (und bleiben) ist glaube ich nicht notwendig extra zu betonen*, aber ich erwähne es halt trotzdem!
mfG
Wolfgang Kropatschek
* Die Zylinderlaufflächen werden von den Kolben nicht verkratzt (Längsriffen). Im Gegenteil, sie werden spiegelglatt poliert. Das schützt die Teflonlaufflächen vor Beschädigungen.
So, und nun noch ein paar Bilder vom Kolben: