Teflon oder nicht?

  • Hallo Schienendampfer!
    Hallo Hermann!


    Als Anwender kann ich zu Teflon nur nachfolgendes berichten.
    Meine erste öl freie Lok war die Mh.6 von Regner, optimiert von Friedl.
    Ich bin nur Heizer und Lokführer, habe keine Maschinen um diese Umbauten
    auszuführen.


    Der erste Langstreckentest war in St.Pölten 2009. In den drei Tagen
    Modellbauausstellung fuhr sie täglich bis zu 5 Stunden. Schmierung war
    nur ein Tropfen ÖL am Lineal. Alle Lagerungen und beweglichen Teile
    haben Buchsen aus Teflon und sind wartungsfrei.


    Meine Mh.6 wurde nicht geschont und musste sich in den weiteren Jahren
    immer in St.Pölten (der Heimatstadt vom Vorbild) präsentieren. 2014 wird
    sie zum 6.Mal dabei sein. Aber auch in Budapest und verschiedenen
    anderen Veranstaltungen drehte sie ihre Runden.


    Bis heute konnte ich noch keinen wesentlichen Verschleiß feststellen.
    Sollte es so weit sein wird eine Instandsetzung wie schon Friedl
    geschrieben hat kein großes Problem sein.


    Ich bin pro Teflon eingestellt und brauche kein Öl auf den Schienen.


    VG Heinz

  • Hallo Herman
    Ich bin jetzt auch wieder im "Dienst".
    Die Teflongeschichte geht bis ins vorige Jahrhundert zurück. Manfred Regner gestattete mir obwohl ich ein richtiger Anfänger war, meine erste Lok auf seinem Wiener Messestand anzuheizen, Gas einfüllen, zünden und heizen vor Publikum war nicht so einfach. Aber scheinbar weckte mein Werken das Interesse der Leute. So begann der freiwillige (geduldete) Fahrdienst für mich, bei Regner's in Wien. Nachdem ich ja nicht verpflichtet wurde, mit meiner Lok zu fahren, war es alleine mein Problem, als mit der Zeit die ersten Abnützungen beim Gestänge auftraten. Ich begann nach zu rechnen, wie lange die zurückgelegte Strecke war und staunte über 15 Km pro Messeveranstaltung. Mit Teflonresten machte ich die ersten Versuche das Lagerspiel wieder zu verkleinern. Die Erfurcht vor der Lok hat mich zurückgehalten, das Gestänge aufzubohren. So versuchte ich hauchdünne Hülsen zu drehen. Mehr als 0.1 mm Wandstärke durften sie nicht haben. Wenn du das beherrscht, dann hält dich nichts mehr zurück. Freude kam auf, als der Verschleiß gestoppt war und die dünnen Hülsen nicht zerfielen. Als ich Gottfried und die Kolbenabdichtungen der Fa. Kubo-tech kennen lernte, begann dann richtig das "Teflonzeitalter". So wurden bestehende Kolben mit Kolbenringen ausgestattet. die Achslagerstellen und Gestänge aufgebohrt, das Sicherheitsventil umgerüstet und die Teflonrundschieber geboren. Manfred konnte unsere Arbeiten verfolgen und begutachten und mit seinem Hinweis, dass er sich auch einen geteilten Kolben vorstellen kann, wurde der Teflonkolben entwickelt. Ich baute nach dem Hütchen System ( kann leicht nachgearbeitet werden). Für die Serienproduktion zu aufwendig, so entstand die Regner-Konstruktion. Bis auf die Stopfbüchsen und Flachschieber wäre alles schon "ölfrei" gewesen. Damit die Kolbenstangen keinen Kontakt mit dem Zylinder haben, sind sie mit Teflonüberschubrohren versehen. Nirostangen bilden eine Korrosionschutzschichte aus, welche sich bei stärkerer Pressung im Teflonband ablagert und somit Niro auf Niro reibt. Das Öl im Zylinder vermindert die Reibung. (Wenn eine Lok schwährgängiger wird, ölt man die Gestänge, oder tauscht das Teflonband der Stopfbüchsen ). Mit dem gelungenen Umrüsten des Flachschiebers war es nahe liegend zu hinterfragen ob zum Fahren noch Dampföl notwendig ist. Wenn ich überlege, so hatte ich im Öler der "Emma" schon längere Zeit nur mehr fettes Wasser und jetzt ohne Öler nur mehr verirrte Wassertropfen. Also fahren wir nicht ganz trocken.
    Erst, nach dem ich herausgefunden habe wie man ewig Lebt, werde ich mir über die Lebenserwartung der Teflonteile Sorgen machen.

    L.G. Wolfgang Franz K.

  • Hallo Heinz und Wolfgang


    Soweit ist alles klar und sehr gut nachvollziehbar. Vielen Dank für eure Bemühungen die ich mit meinen Fragen verursache.


    Mit meinem (eher bescheidenen) Handwerksgeschick und meiner Werkstattausrüstung würde ich mir trotz aller Vorteile nicht zutrauen, eine meiner schönen Aster Loks auf Teflonbetrieb umzubauen.


    Ich möchte noch fragen wie es mit der Passgenauigkeit bei gewissen Teilen aussieht. Wenn ich höre, dass mit Lagerteilen aus Teflon eine praktisch spielfreie Bewegung möglich ist, dann frage ich mich wie das bei Loks mit 3 bis 5 Antriebsachsen gehen soll. Die Räder sind meist federnd gelagert und müssen sich seitlich wegen der Kurvengängigkeit leicht versetzen können. Durch diese Radbewegungen verändert sich die Geometrie im Stangenverbund. Da werdet ihr wohl auch etwas mehr Lagerspiel einplanen müssen, sonst klemmt es dann irgendwo. Aber klar, es geht hier um Bruchteile von mm, vermutlich liegt das ohnehin in der Fertigungstoleranz.


    Mehr Überlegungen benötigt man vermutlich bei der Tatsache, dass sich die Wärmeausdehnung von Teflon anders verhält als solche von Metallteilen. Was kalt sehr fein läuft, kann heiss dann plötzlich klemmen. Das erinnert mich an die Technik der Modellverbrennermotoren. Ich habe Rennboote mit hochtourigen Motoren welche im Kaltzustand kaum zu drehen sind. Erst im Heisszustand ist die Passform von Kolben (Alulegierung ohne Kolbenringe) gegenüber der Laufbuchse (Bronce mit Chrombeschichtung) optimal. So ähnlich müsst ihr vermutlich die Teflonkolben einpassen, so dass sie im Heisszustand nicht klemmen aber doch genügend dichten. Pál hat da ja schon sehr viele „Testversuche“ mit Kolben gemacht, alle Achtung vor soviel Arbeit um das Teflon-System zu optimieren.


    Nochmals vielen Dank für eure sehr hilfreichen und interessanten Beiträge zum Teflon.


    Es grüsst euch freundlich


    Hermann

  • Hallo Hermann
    Bemerkungen zur Teflonbearbeitung : Zum Drehen mit Hartmetallmessern kann ich nichts schreiben. Ich habe Holz drechseln gelernt und verwende messerscharfe HSS Stähle. Die Schneide prüfe ich mit dem Fingernagel. Rutscht er über das Messer, so rutscht auch Teflon bei 0,01 mm Bearbeitung darüber. Der Fingernagel muss am Messer hängen bleiben und ein Hornspan muss sich abschaben lassen. Mit dieser Voraussetzung lassen sich noch sehr dünne Hülsen ohne Stützwelle drehen. Beim Aufbohren der Hülsen ist zu Beachten, dass die Wärme des Bohrers den Durchmesser beeinflussen kann und ob kleiner vorgebohrt werden soll. Die Radlager sollten schon vom Anfang an leichtgängig sein, sonst bekommen sie einen Niro-Belag. Radlagerhülsen werden nach dem Einpressen innen kleiner. Wenn sie dann nicht die richtige Dimension haben, kann man noch Aufreiben. Teflonhülsen verzeihen das Verkanten von Lagerungen. Besonders bei geteilten Kuppelstangen wirken die Hülsen wie Kugelköpfe. In der Längsrichtung spielfrei aber seitlich beweglich. Den Außendurchmesser von Hülsen kann man leichter messen, wenn in der Bohrung eine Welle steckt. Gestängelager haben außen die Gleitfläche. Noch auf der Drehbank wird zum Probieren die Stange aufgeschoben und die Welle oder Schraube eingeschoben. Erst dann sticht mann mit einer aufgeklebten Rasierklinge die Hülse ab. Möchte man die Hülse nicht stundenlang suche, wird vorher noch ein Messingstab in die Bohrung geschoben. Zum Teflonkolben gibt es natürlich auch noch Einiges zu schreiben...........

    L.G. Wolfgang Franz K.

  • Hallo Wolfgang


    Tönt einfach - wenn man Erfahrung und die richtigen Maschinen dazu hat.
    Meine "liebe und alte" Emco Unimat 3 ist da eher nicht präzise genug.
    Also, wenn ich mal etwas "ganz Feines" aus Teflon benötige, weiss ich jetzt wo nachfragen ........


    Nochmals vielen Dank und freundliche Grüsse nach Wien


    Hermann

  • Hallo Hermann,


    bei präzisen arbeiten kommt es nur zu einem Bruchteil auf die Drehmaschine an.
    Natürlich sollte sie möglichst Spielfrei eingestellt sein, halbwegs rund laufen und das Spannfutter sollte das Rohmaterial sicher spannen.


    Viel wichtiger ist möglichst alles in einer Aufspannung zu machen und bei geringen oder ohne Zustellungen immer wieder messen.
    So erreicht man problemlos Genauigkeiten zwischen 1/100 und 5/100.


    Grüße,
    Georg

  • Hallo Harz Bullen Tuner,


    im aktuellen Gartenbahn Profi wird eine Änderung von Klaus Pieczewski am Zylinder beschrieben.
    Er bohrt die Schieber auf 9 mm auf und setzt eine Büchse ein. So will er erreichen, das immer beide 1,6 mm Bohrungen vom Schieber zum Zylinder genutzt werden können.
    Auch ersetzt er die Teflonhütchen der Zylinder durch Kolben mit Teflon Kolbenringen.


    Vom Engpass Dampfventil wird im Artikel nichts geschrieben.
    Ich meine bei meiner Lok seit dem Einsatz eines Kugelhahns als Dampfregelventil keine Leistungsprobleme mehr zu haben.
    Jedenfalls hat sie selbst die ca. 4% Steigung auf der Modulanlage beim Dampfen auf Gut Steinhof gemeistert.
    https://www.schienendampf.com/viewtopic.php#p26275.


    Hat sich schon jemand eine Meinung zum Artikel gebildet?


    Grüße,
    Georg

  • Hallo Georg!
    In dem Beitrag nutzt er die beiden senkrechten Bohrungen zur Querschnittsvergrößerung. Was ist mit der folgenen waagerechten Längsbohrung zum Zylinderein-/auslaß?

    Hier eine kleine Prinzipausschnittszeichnung. Durch einen Schlitz in der einzuführenden Schieberbuchse werden die beiden senkrechten Bohrungen zur Querschnittsvergrößerung zusammengefasst und münden in die untere Längsbohrung, welche nicht verändert wurde. Wenn diese Bohrung auch nur 1,5mm hat, halte ich den Umbau für überflüssig. Wie ich bei meiner IV K feststellen mußte, ist der RC-Regler Marke "wir tauschen das Handrad am Ventil gegen einen Hebel, der um ~120º beweglich ist aus" (etwas ironisch gemeint) der größere Engpass.
    Gruß Gerd

  • Hallo Gerd!


    Du hast geschrieben: “Längsbohrung nicht vergrößert“


    Wahrscheinlich stimmt das nicht, es ist dort auch zu lesen: Die übrigen Zu- und Abdampfkanäle werden auf 2, 2,5 und 3 Millimeter Durchmesser aufgebohrt.
    Ich möchte auch gern die Lok in live sehen und hören!


    Gruß
    Pál, der der Neugierig

    Wer noch vielen Spur I und IIm Loks bauen möchte

  • Hallo Gerd,


    "Die übrigen Zu- und Abdampfkanäle werden auf 2, 2,5 und 3 mm aufgebohrt." GBP 5/2014 Seite 51.


    Gerade bei der von Dir angesprochenen waagrechten Bohrung parallel zur Zylinderwandung sehe ich da gewisse gefahren, da die Wandstärke nicht gerade üppig ist.
    Viel entscheidender ist der Rezess der Deckel, der die rechteckige Öffnung in den Zylinder teilweise verschließt. Hier ist eine Nacharbeit sicher relativ ungefährlich, aber für die Verringerung von Strömungswiederständen sehr hilfreich.



    Grüße,
    Georg

  • Hallo Pal und Georg!

    Zitat von Pal

    Die übrigen Zu- und Abdampfkanäle werden auf 2, 2,5 und 3 Millimeter Durchmesser aufgebohrt.


    Die kleine Zeile habe ich doch glatt übersehen. Tschuldigung!!!
    Gruß Gerd

  • Hallo Gerd,


    hatte gerade ein längeres Telefonat mit Klaus Pieczewski.
    Hier noch ein paar Details zu den Querschnittsvergrößerungen:


    Zentrisch sind die Zudampfbohrung auf 2,5 mm und die Abdampfbohrungen auf 3,0 mm erweitert worden.
    Die Waagrechte Bohrung neben der Zylinderwandung fräst Klaus nicht zentrisch auf 2,0 mm auf, so dass die Wandung nicht weiter geschwächt wird.


    Leider etwas kurzfristig ist sein Testangebot für Schienendampfer auf der Modell Hobby Spiel in Leipzig nächstes Wochenende (03.-05.10.2014).



    Grüße,
    Georg

  • Hallo Schienedampfer,


    da ich nach dem letzten Fahrtag feststellte, dass meine Regner 99222 ruckelt habe ich im Keller BW eine kleine Inspektion durchgeführt und dabei ein paar Teflonlagerbuchsen und die Kolbenschieber angeschaut.
    Die Steuerung musste ja eh eingestellt werden.
    Die Maschine hat jetzt ca. 40 Betriebsstunden absolviert.



    Auf den Teflonhütchen der Schieber sind noch die Bearbeitungsspuren zu sehen.
    Genausowenig zeigte sich an den Kuppelstangenlagern Verschleiß an den Teflonhülsen.


    Nach Beendigung der Einstellarbeiten lief die Lok klaglos eine sechsprozentige Probestrecke bei 1,5 bar hoch.
    Mein Votum ist eindeutig Teflon.


    Grüße,
    Georg

  • Hallo
    Zur Ergänzung möchte ich noch sagen : Wichtig ist ein Dampfhahn, welche weit aufmacht (Georg hat so einen), dann kannst du mit wenig Druck so große Steigungen fahren. Zur Erinnerung : Auch nach 170 km Betrieb habe ich an Teflonhütchen keine Abnützung gesehen. Zu Bedenken : Ohne Nacharbeitung der Zylinder schafft mein Bulle die Steigungen.

    L.G. Wolfgang Franz K.

  • Hallo Schienendampfer,


    noch ein Nachtrag.
    Nach ca. 2 Betriebsstunden habe ich den Öler ausgebaut und fahre seitdem ganz ohne Öl, mit den Teflonführungen für Kolbenstange und Kolbenschieberstange und Teflon Entwässerungswellen.


    Mit zu viel Kraft und Druck auf dem Schieberkasten kanns auch mal so enden:


    [youtube]

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    [/youtube].


    :E OK da war sicher auch Laub und Feuchtigkeit im Spiel.


    Grüße,
    Georg