Hallo Forum,
bei meiner Lok Regner Paul, dem Modell der OEG Kastendampflok 102, trat ein Problem mit der Zweizylinder-Easy Line- Dampfmaschine auf, das mich zu einer Modifikation der Maschine und der Einbausituation bewegte. Da ich bisher keine entsprechende Modifikation in diesem Forum oder im Internet gesehen habe, möchte ich hier meine Erfahrungen mit euch teilen.
Bei meiner Lok trat nach dem Zusammenbau und den ersten Probeläufen das Problem auf, dass sie in Rückwärtsfahrt bereits mit sehr geringem Druck anlief und auch mit sehr geringen Drehzahlen betrieben werden konnte, sie bei Vorwärtsfahrt aber deutlich mehr Druck benötigte und langsames Rangieren nicht möglich war. Fahrwerk und Getriebe konnten als Ursache ausgeschlossen werden, da die Maschine in ausgebautem Zustand an Druckluft das gleiche Verhalten zeigte. Eine Nachfrage bei Regner ergab keine Anhaltspunkte für die mögliche Ursache.
Obwohl ich anfangs an eine Asymetrie der Zylinder, der Bohrungen oder des Blocks dachte und auch die Stopfbuchsen in Verdacht hatte, erwies sich das alles als einwandfrei. Als Ursache stellte sich ein unscheinbares Bauteil heraus:
Die oszillierenden Zylinder der Maschine werden durch zwei an den Außenseiten befestigte Federn an den Block gepresst. Eine der Federn ist dabei offen
die in Fahrtrichtung hinten liegende Feder aber mit einer ab Werk angebrachten kupfernen Abdeckung versehen.
Bei der Prüfung der abgedeckten Feder stellte sich heraus, dass diese durch die aufgequetschte Abdeckung partiell gelängt war.
Auf die entsprechende Reklamation bei Regner wurden mir durch den bekannt guten Kundenservice umgehend zwei Ersatzfedern gleicher Bauart geliefert. Nach dem Ersatz der gelängten Feder – allerdings ohne die kupferne Abdeckung wieder aufzuklemmen - lief die Maschine in beiden Richtungen problemlos.
Damit könnte die Geschichte eigentlich enden. Weshalb wird aber bei dem Modell Paul die kupferne Abdeckung montiert? Nun, dazu muss man sich weitere Konstruktionsmerkmale anschauen.
Die Rauchkammerabdeckung der Regner Paul hat ab Werk außer den beiden Öffnungen für die Zu- und Abdampfleitungen auch ein Langloch, dessen Bestimmung erst bei näherer Betrachtung klar wird: gedacht ist die Öffnung offenbar, um die Maschine, die im fertig gebauten Modell direkt dahinter liegt, vorzuwärmen und übermäßige Kondensation zu verhindern.
Die in Fahrtrichtung hinten liegende Feder der Maschine ist direkt vor der oben genannten Offnung angeordnet. Offenbar um diese Feder vor Überhitzung zu schützen, erhält sie ab Werk einen Schutz aus Kupfer.
Meine Lok lief nun also ohne Abdeckung der Feder einige Kesselfüllungen sehr gut, bis schließlich das nahezu unvermeidliche geschah: Bei einem Zünden schlug die Flamme nicht zum Brenner zurück, sondern brannte kurz unbemerkt in der Rauchkammer. Eigenlich ist das überhaupt kein Problem. Als ich das nach einigen Sekunden bemerkte drehte ich den Gashahn ab, zündete den Brenner neu und wollte zum Fahrbetrieb übergehen. Aber – oh Schreck – in Vorwärtsfahrt fehlte plötzlich die Leistung und ich ahnte Böses. Nun wurde auch deutlich, dass die kupferne Abdeckung der Feder dazu dient, die Feder genau in solchen Fällen zu schützen.
Da zum Austausch der Feder das Modell in weiten Teilen demontiert werden muss, suchte ich nach einer Lösung, mit der eventuelle zukünftige Probleme mit der Zündung ohne Defekte überstanden werden können.
Mein erster Umbau bestand darin, das Langloch in der Rauchkammer zu schließen. Auf den Vorwärmeffekt der Maschine kann ich gut verzeichten, habe dafür aber die Gewähr, dass eine Flamme in der Rauchkammer nicht sofort die Feder zerstört. Die Modifikation ist simpel und ohne besondere Werkzeuge durchzuführen. Ein entsprechend zugeschnittenes Messingblech 0,5mm wird mit rechts und links eingesetzten Maschinen-Schrauben M4 aus Messing und großen Beilag-Scheiben befestigt. ImInneren sind einfach Messing-Muttern mit Scheiben dagegen gesetzt.
Das Thema ließ mir allerdings keine Ruhe. Ich sprach mit einem befreundeten Maschinenbauer über das Thema und bat ihn um seine Einschätzung. Nach einer Sichtung der Maschine und der Federn kam er zu dem Schluss, dass die ab Werk eingesetzten Federn stark vorgespannt sind und vermutlich an der Grenze des elastischen Bereichs arbeiten. Bei starker Erwärmung ginge das Material dann offenbar in den plastischen Bereich über und die Feder längt sich. Nach der Abkühlung hat sie dann zwar immer noch eine Federwirkung, die aber nicht mehr für einen einwandfreien Betrieb ausreicht.
Obwohl nach dem Schließen des Langlochs in der Rauchkammer keine Einschränkungen mehr zu erwarten waren, wollte ich eine optimale Lösung. Ich habe daher die Lok wieder demontiert und mit verschiedenen Federlängen an der Maschine experimentiert. Letztlich setze ich nun eine Feder ein, die ganz erheblich länger ist als das ab Werk verbaute Original, dennoch genügend Anpressdruck erzeugt, um die Maschine einwandfrei arbeiten zu lassen und auch erheblichen Temperaturerhöhungen gegenüber (kurzzeitige Erhitzung mit Propangas-Lötbrenner) unempfindlich reagiert. Bei der Leistung der Maschine kann ich im Betrieb keinen Unterschied feststellen, allenfalls läuft sie nun sogar mit noch geringerem Druck an.
Bei weiteren Recherchen im Internet ist mir aufgefallen, dass bei dem Regner Modell Lumber Jack vereinzelt ähnliche Probleme an der Maschine auftreten nachdem die Flamme in der Rauchkammer gebrannt hat. Bei diesem Modell ist die Maschine horizontal längs unterhalb des Kessels verbaut und – Überraschung – eine der Federn liegt direkt unter der Rauchkammer und damit direkt im Bereich einer eventuell in der Rauchkammer brennenden Flamme.
Da bei konstruktiv anders gestalteten Regner Easy Line Produkten von solchen Problemen nicht berichtet wird, lässt sich schließen, dass die Federn im Normalbetrieb problemlos funktionieren, den Fehlerfall, also eine im Normalbetrieb nicht auftretende Temperaturerhöhung, aber leider nicht tolerieren. Meine Empfehlung für Neuaufbauten entsprechender Modelle wäre, die Federn in gefährdeten Bereichen durch geeignete Maßnahmen vor ungewöhnlichen Temperature zu schützen oder, besser noch, sie gegen geeignete, weniger vorgespannte Federn zu ersetzen.
Ich hoffe, dieser Erfahrungsbericht hilft bei der Erkennung oder Behebung ähnlicher Probleme.
Viele Grüße
Werner