Brauche Hilfe zur Planung und zum Bau einer Decauville 020 (Kohle statt Gas)

  • Hallo miteinander,


    Ich habe mich nun dazu entschieden mir hier die Expertenmeinungen einzuholen zum Bau einer Decauville 020 nach J P Duvals Plänen. Ich weiss, dass es bereits mehrere Beiträge zu dieser Lok hier gibt, welche ich mir auch bereits angeschaut habe. Als blutiger Anfänger auf dem Gebiet brauche ich aber nun zur Fertigplanung des Kohlebetriebenen Dampfkessels einige infos.


    Ich sollte laut meiner Recherche (und durch die Hilfe Manuels!) folgende Komponenten noch einbauen: Hilfsbläser, Wasserstandsanzeige, und ein (oder mehrere) Überdruckventil(e).


    Beginnen wir mal mit dem Hilfsbläser. Was genau ist das und wo/wie wird der an der Lok angebracht? Welchen Zweck erfüllt dieser?


    Bei der Wasserstandsanzeige nehme ich an, dass ich diese einerseits an einer Stelle unter und an einer Stelle über Wasser anbringen sollte. Laut umgedacht auf Duvals Pläne werde ich diesen neben der Kohlekammertür anbringen. Hat da jemand eine Empfehlung einer solchen anzeige, wenn der Kessel einen Durchmesser von 63mm aufweist? Welche grösse sollte ich da verwenden und hat vielleicht einer einen Link zu so einer?


    Wo sollte das Überdruckventil am besten angebracht werden? Und wie sieht das aus wenn ich zwei davon einbauen würde?


    Vielen Dank für eure Antworten, ich hoffe wir können da etwas auf die Beine Stellen.



    Kurz zu meiner Person und dem Projekt an sich. Ich komme aus der Schweiz und bin lernender Polymechaniker. Die Teile Herzustellen wird kein Problem sein. Den Kessel werde ich zusammen mit einem Kollegen anfertigen, welcher lernender industriespengler im gleichen Betrieb ist wie ich. Wir haben vor, den Kessel aus Stahlblech herzustellen, und nicht wie im Plan vorgesehen aus Kupfer, da wir eher auf diesem Bereich viel erfahrung mitbringen und nicht sehr vertraut mit Hartlöten von Kupfer sind. Es ist unsere erste Modelldampflok und möglicherweise auch die letzte. Wir sind zwar ambitioniert, erwarten aber keine zu 100% perfekte Lok, es ist schliesslich ja auch unsere erste. Trotzdem werden wir uns viel Mühe geben und sie hoffentlich zum laufen bringen.


    Im Anhang werde ich noch ein paar Bilder meines CAD Modells einfügen. Ich bin auch sehr offen für weitere Verbesserungsvorschläge.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Eugen,


    sehr sportlich was Ihr da vorhabt, als Anfänger gleich eine Kohlelok bauen ist mutig, egal ich habs ja auch nicht anders gemacht.

    Natürlich kann man auch einen Kessel aus Stahlblech bauen aber, Stahlblech rostet, oder wollt Ihr Edelstahl nehmen?

    Also auf den Kesselbau bin ich sehr gespannt, vielleicht kann ich ja noch was lernen.

  • Hi Andy,


    Ja das mit dem Rost habe ich mir eben auch gedacht, wobei ich dann wieder an Manuels Lok denken musste. Die besteht ja auch aus Stahlblech… Aber du hast recht, mit Edelstahl sollte der Kollege auch umzugehen wissen, ich werde mich da mal informieren. Auch zum Bau werde ich wohl einen Bericht starten, mal schauen was wir dir da beibringen können :S

    Einmal editiert, zuletzt von Eugen_04 () aus folgendem Grund: Was hältst du von einer hitzefesten Beschichtung? Das würde uns noch am ehesten passen…

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Eugen,

    Beginnen wir mal mit dem Hilfsbläser. Was genau ist das und wo/wie wird der an der Lok angebracht? Welchen Zweck erfüllt dieser?

    der Hilfsbläser wird geöffnet, wenn die Maschine nicht arbeitet / sich bewegt und sorgt für Unterdruck in der Rauchkammer, damit das Feuer in der Feuerbüchse ausreichend Sauerstoff bekommt. In kaltem Zustand hast Du im Modell in der Regel einen elektrisch betriebenen Ventilator, den Du auf den Schornstein setzt. Er sorgt dann für den Luftstrom vom Rost über die Rauchrohre zum Schornstein. Hat die Maschine ausreichend Druck, wird der Ventilator abgenommen und der Hilfsbläser geöffnet, der durch den Unterdruck selbigen Effekt erzeugt und die Rauchgase mitzieht. Immer wenn Du stehst, musst Du dann (wie im Original) den Hilfsbläser aufmachen, damit Dir das Feuer nicht verhungert. Während der Fahrt schließt Du den Hilfsbläser, da der notwendige Unterdruck nun vom Abdampf der Zylinder erzeugt wird.


    Für das Modell heißt das: Du brauchst einen Dampfentnahmepunkt im Führerstand und führst über ein Dampfventil die Leitung in die Rauchkammer, wo der Dampf dann einfach über eine Düse entweicht.


    Viel Erfolg beim Projekt!

  • Für das Modell heißt das: Du brauchst einen Dampfentnahmepunkt im Führerstand und führst über ein Dampfventil die Leitung in die Rauchkammer, wo der Dampf dann einfach über eine Düse entweicht.

    Danke für die Info! Aber erledigt dann der Hilfsbläser nicht im Grunde genau die gleiche Aufgabe wie der Schornstein? Der erzeugt ja auch einen Unterdruck und befindet sich ebenfalls in der Rauchkammer…

  • Ja, grundsätzlich schon. Nur würde der Schornstein mehrere Meter hoch sein müssen (auch im Modell!) um genug Zug zu erzeugen.

    Deshalb gibt's den Hilfsbläser auch im Maßstab 1:1.

    Darf ich dir raten, dich mit dem Aufbau und der Bedienung einer Dampflok vertraut zu machen? Das erspart dir viel Frust beim Modell.

    (Eine Dampflok ist ein technisch deutlich komplexeres Tierchen als man vermutet)


    Wir helfen dir gerne dabei!


    Rüdiger

  • Hoi Eugen,


    Ich habe vor 4 Jahren meine Ausbildung zum Polymechaniker abgeschlossen. Eine Supe Ausbildung für unser Hobby :D


    Zu Deinen Fragen:


    Der Hilfsbläser ist vorne in der Rauchkammer. Solange die Lok Fährt, hast du eine Feueranfachung durch den Abdampf welcher durch die Abdampfdüse entweicht direkt unterhalb vom Kamin. Jedoch beim Anheizen hast du noch zuwenig Druck zum Fahren aber schon genug für den Bläser, nach ein paar minuten. (Man beginnt immer mit einem Elektrischen Anheizgebläse, beim Anheizen, das Kohlefeuer braucht von anfang an Zug.) Dann kannst du mit dem Bläser das Feuer weiter anfachen, bis Du losfahren kannst. Auch wenn du Kurz anhältst zum Wasser speisen, Kohle schaufeln etc. Muss das Kohlefeuer immer noch einen Zug haben. Sonst erlöscht das Feuer. Mit dem Hilfsbläser kannst du diesen Zug durch den Kessel machen.

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    Hier ein Foto an meiner 5 Zoll Feldbahn Dampflok. In der mitte das Senkrechte Rohr ist der Abdampf der Zylinder mit Düse oben.

    Die 2 Erhöhungen sind Bläser Düsen welche leicht schräg gebohrt sind. Damit sie die Mitte des Kamin's treffen.

    Für eine Spur G Lok reicht aber einfach ein Kupferrohr das schön gebogen wird und am Ende verjüngt ist oder eine kleine Düse aufgeschraubt. Dieses wird auch auf die Mitte des Kamin's gerichtet. Dadurch entsteht ein Unterdruck welcher einen Zug durchs Feuer bewirkt.


    Zum Wasserstand:

    Diese sind für einen Polymechaniker nicht komplex zu fertigen.

    Jedoch kann man diese zum Beispiel bei Modellbau Niggel -> https://www.modellbau-niggel.de/Wasserstand-l286.html

    Relativ günstig kaufen.

    Bei dieser Kessel grösse sollte mindestens ein 5mm Glasrohr verwendet werden.

    WIchtig beim Wasserstand ist, dass du sicher den Mindestwasserstand und den Maximalen siehts. Dann weisst du immer ob du speisen musst oder noch genug Wasser hast. Der Wasserstand darf Nie under das Minimum fallen, sonst machst du deinen Kessel, sehr schnell komplett kaputt.

    Der Minimalwasserstand ist das Blech der Feuerbüchsen decke (Der höchste Punkt der Feuerbüchse, darin brennt das Kohlefeuer), dieses muss immer mit Wasser Bedeckt sein. Sonst glüht das Feuer das Blech aus und der Kessel wird Zerstört.


    Überdruckverntile:
    DIe Überdruckventile sollten immer am höchsten Punkt vom Kessel angebracht werden. Diese sind zur Sicherheit, wenn der Druck im Kessel über den Maximal Druck steigt, Blasen diese den Über Druck ab, bevor der Überdruck den Kessel beschädigt.

    Ein Kessel in dieser Baugrösse, wird je nach Planung und Berechnung des Kessels, ungefähr mit Maximal 3 Bar Betrieben.

    Auch zum Beispiel von Niggel. https://www.modellbau-niggel.d…stellbar-240-300-i65.html

    2 Sicherheitsventile sind einfach ein Sicherheitsaspekt. Es könnte immer mal vorkommen das eines durch Schmutz schwer geht oder "verhockt" ist, somit hast Du immer noch ein zweites Sicherheitsventil. Je nach Kessel Grösse ist es möglich das ein SIcherheitsventil nicht genügend Dampf "abblasen" kann. Wenn der Kessel sehr viel Dampf produziert. Der Querschnitt der Bohrungen im SIcherheitsventil ist meist beschränkt durch den Platz.


    Zum Material:

    Stahl ist einfach, hat jedoch viele Nachteile, gerade das Rosten. Der schlechtere Wirkungsgrad etc.

    Wenn Ihr sowieso Löten Wollt empfehle ich euch Kupfer.

    Am besten (SF-Cu DIN 1786 )


    Im Forum gibt es diverse Bauberichte über den Bau von Kohlekesseln. Ich empfehle dir einige davon zu lesen.

    Ich habe auch einen Kohlekessel gebaut, mit einfachen Handwerkzeugen. Heute mit dem Fachwissen und den Maschinen könnte ich das viel besser und genauer. Aber trotzdem funktioniert der Kessel einwandfrei.

    SIehe -> B-Kuppler Kohlegefeuert


    Aber erledigt dann der Hilfsbläser nicht im Grunde genau die gleiche Aufgabe wie der Schornstein? Der erzeugt ja auch einen Unterdruck und befindet sich ebenfalls in der Rauchkammer…

    Nein, der Hilfsbläser und die Abdampfdüse befinden sich beide unterhalb vom Schornstein und erzuegen beide einen Unterdruck, dadurch dass Sie einen Dampfkegel durch den Schornstein machen. Dieser saugt dann umliegende Rauchgase / Luft mit, durch den Schornstein. Das dies Funktioniert muss aber die Rauchkammer absolut Dicht mit dem Kessel verbunden sein und auch die Rauchkammertüre muss Luftdicht abschliessen. Sonst Zieht man Flasch luft.


    Noch ein kleiner Tipp, da die Wandstärke von den kleinen Kesseln sehr dünn ist, kann man keine stabilen Gewinde schneiden. Um das Problem zu umgeheben, gibt es Einlötbuchsen. https://www.modellbau-niggel.d…-MessingRotguss-l113.html

    Diese werden in den Kessel eingelötet, somit hast du einfach ein Stabiles und Dichtes Gewinde. Ich würde immer Rotguss empfehlen. Messing kann sich mit der Zeit verfressen. Und du willst sicher Langfristig freude am Kessel haben.


    Gruss

    Kevin

  • Salü Kevin, hallo Rübennase


    Merci vielmal für eure Ausführlichen Beschreibungen. Ich kann aber leider das angehängte Bild nicht öffnen… Das mit dem Unterdruck in der Rauchkammer habe ich langsam verstanden, dass heisst also, dass im fahrenden Zustand Der Dampf, welcher „verbraucht“ aus dem Zylinder tritt, als Dampfkegel aus dem Kamin „geschossen“ wird und so den Unterdruck erzeugt. Aber der Hilfsbläser… || sorry das Konzept ist für mich irgendwie noch nicht ganz fassbar aber ich versuche das mal zu erklären, wie ich glaube, dass es Sinn macht: Um den Überdruck zu erzeugen, welcher ansonsten durch Abdampf erzeugt wird, muss ich im nicht fahrenden Zustand Dampf aus dem Kessel nehmen. Also habe ich ein Ventil, welches ich im Führerstand öffnen kann, welches Dampf aus dem Kessel in die Rauchkammer lässt. Das Rohr, welches dann den Dampf in die Rauchkammer leitet, sollte sich am Ende verjüngen und auf den Kamin zielen.

    Ich hoffe dass ich das nun verstanden habe und meine Erklärung etwa korrekt ist, denn dann kann ich endlich mein CAD Modell fertig stellen und mit dem Bau(bericht) starten xD


    Grüsse aus Nidwalden

    Eugen

  • Hallo Eugen,


    Das mit dem Abdampf aus dem Zylinder ist richtig.

    Der Hilfsbläser macht eigentlich genau das selbe, nur über ein Ventil von Hand gesteuert und eben auch im Stillstand. Kohle brennt nicht (geht wirklich aus!) wenn kein Luftzug da ist.


    Der Abdampf und der Hilfsbläser schicken einen Dampfkegel durch den Schornstein, der Luft aus der Rauchkammer mitreißt. Wenn die Rauchkammer dicht ist (was sie sein muss) entsteht so ein Unterdruck. Die Luft kann dann nur durch die Rauchrohre, das Feuer und den Rost nachströmen (Feuerluke ist normalerweise zu). Dadurch wird das Feuer angefacht (und der Rost gekühlt)


    Der Hilfsbläser kann eine sehr kleine Düse sein (deutlich unter 1mm, ich kenne 1:1 Fahrzeuge mit 0,5mm). Da können dir andere aber besser raten.


    /Rüdiger

  • Hallo Eugen,


    ich kann Rüdiger nur beipflichten, wenn er Euch empfiehlt, Euch erst mal mit den Grundlagen einer Dampflok im Großen als auch im Modellbau zu beschäftigen.

    Auch zum Dampflokmodellbau gibt es einige Literatur.

    Ich möchte hier mal einen Hinweis dazu hier im Forum geben:

    Der Österreicher Ernst Krammer hat die Broschüre von Karl Koffend "Dampflokomotiven im Modellbau" aus den 1950iger Jahren (m.E. nach die "Dampf-Fiebel für den Echtdampf-Modelleisenbahnbau") abgeschriebenen und auf seiner - leider nicht mehr vorhandenen - Homepage bereitgestellt.

    Ich bin froh, sie damals herunter geladen zu haben.

    Auch wenn Koffend auf Kohlefeuerung nur kurz eingeht, gibt diese einen so umfangreichen Überblick über dieses Thema, wie keine nachfolgende Publikation zu diesem Thema.


    VG Manfred B.

    VG Manfred B.